Techniken der regionalen Chemotherapie
Bei der regionalen Chemotherapie unterscheidet man grundsätzlich zwischen verschiedenen Anwendungsarten, nämlich einer
- intra-cavitären Applikation
- intra-arteriellen Applikation
- Perfusionstechniken
Eine rein intratumorale Applikation ist zwar grundsätzlich möglich, insbesondere für oberflächliche, leicht zu erreichende Tumore, sie scheidet allerdings in den meisten Fällen infolge der inhomogenen Verteilung der Medikamente aus. Nachdem solide Tumore eine aus Bindegewebszellen bestehende Gerüststruktur besitzen, kommt es aufgrund der ungleichmäßig verteilten intratumoralen Druckverhältnisse zu einer ungleichmäßigen Verteilung der Medikamente und damit immer nur zu einem Teileffekt.
Aus diesen Gründen wurden die bereits oben erwähnten Applikationsformen entwickelt.
Intracavitäre Applikation
Unter dieser Anwendungsform versteht man die Verabreichung von Medikamenten in einen vorbestehenden Hohlraum wie z.B. den Bauchraum (intraperitoneal), den Brustkorb (intrapleural) oder die Herzhöhle (intrapericardial). Bei einer solchen Anwendung kommt es in dem jeweiligen Hohlraum zu lokalen Zytostatika- Konzentrationen, die das mittels Ganzkörpertherapie erreichbare um das bis zu 1000 - fache übersteigt. Allerdings muss man dabei bestimmte Probleme berücksichtigen.
- Die Chemotherapeutika dringen nur 3 Millimeter - entsprechend der ersten etwa 15 Zelllagen - in die jeweilige Oberfläche ein. Nach Erreichen einer Kapillare oder einer Lymphbahn werden die Medikamente dem Gefäßsystem des Körpers zugeführt und abtransportiert.
- Nicht in allen Körperhöhlen kann eine Gleichverteilung der Medikamente erreicht werden. Dies ist entweder bedingt durch Vernarbungen und Adhäsionen nach Voroperationen oder durch vorher stattgehabte Entzündungsprozesse.
- Zytostatika besitzen auch und insbesondere ein hohes Toxizitätspotential. Dieser Effekt führt bei hohen lokalen Konzentrationen entsprechend zu Entzündungen hier nach intracavitärer Applikation z.B. zu einer toxischen Pleuritis oder Peritonitis.
Durch die dargestellten Probleme bedarf es eines hohen Maßes an Erfahrung, mögliche Komplikationen und Nebenwirkungen dieser Anwendungsform zu vermeiden.
Ratio peritoneal cavity/ plasma concentrations | ||
Drug | Peak levels | AUC |
Cisplatin | 20 | 12 |
Carboplatin | 25 | 10 |
Doxorubicin | 474 | - |
Mitoxantrone | 255 | 915 |
Mitomycin | 71 | - |
Melphalan | 93 | 65 |
Methotrexate | 92 | - |
Etoposide* | 188 | 65 |
5-Fluorouracil | 298 | 367 |
Taxol | 675 | 1,000 |
Intra-arterielle Applikation
Bei der intra-arteriellen Anwendung werden die Chemotherapeutika über die Schlagader mit dem Blutstrom in das betroffene Organ oder die betroffene Körperregion infundiert. Dabei ist der Vorteil dieser Applikationsform zum einen abhängig von dem Blutfluß in der Schlagader ( je kleiner, desto besser ), der Extraktionsrate im infundierten Gewebe ( je höher, desto besser ) und der systemischen Elimination in der Leber oder Niere ( je schneller, desto besser ).
Man unterscheidet drei Arten, eine intra-arterielle Applikation auszuführen.
- Direktpunktion der Arterie
- Angiographische Kanülierung
- Implantation eines permanenten Katheters
Während die Direktpunktion mittels einer entsprechenden Nadel eher selten und nur bei relativ exponierten Arterien (Halsschlagader) zur Anwendung kommt, ist die angiographische Kanülierung wohl das am häufigsten verwendete Verfahren. Hierbei wird zumeist in der Leiste oder der Achselhöhle die entsprechende Schlagader punktiert. Über die liegende Kanüle erfolgt dann zunächst das Einbringen eines speziellen Guides und nach Entfernen der Kanüle über den Guide das Einführen eines speziellen Katheters. Dieser ist an seiner Spitze zu konfiguriert, dass er das Einbringen in die verschiedensten Schlagadern ermöglicht (Seldinger - Technik). Hier eine Liste der Arterien, die zur intraarteriellen Chemotherapie am häufigsten kanüliert werden.
Eine intraarterielle Chemotherapie ist über diese Schlagadern möglich :
- A. carotis interna / externa
- A. lingualis
- A. thyroidea
- A. subclavia
- A. thoracica interna
- A. thoracica lateralis
- A. axillaris
- A. brachialis
- A. bronchialis
- Aorta thoracalis / abdominalis
- Aa. Intercostalis
- Truncus coeliacus
- A. hepatica comm. / propria
- A. lienalis
- A. gastrica / gastroduodenalis
- A. mesenterica superior / inferior
- A. iliaca communis / externa / interna
- A. femoralis communis / superfizialis / profunda
- A. poplitea
Implantation von arteriellen Kathetern
Nachdem eine regionale Chemotherapie wiederholt ausgeführt werden muß, um einen maximalen Effekt zu erreichen, ist bei angiographischer Katheterplazierung die wiederholte Punktion der Arterie und die wiederholte Einlage des Katheters erforderlich. Um diesen negativen Umstand zu umgehen, wurden in den letzten drei Jahrzehnten spezielle Kathetersystem entwickelt, die dauerhaft in bestimmte Schlagadern eingebracht werden können. Allerdings ist dazu eine entsprechende Operation erforderlich. Am weitesten verbreitet ist die operative Platzierung eines permanenten Katheters in die Arteria hepatika.
Der Vorteil eines solchen Katheterssystems ist es, dass der Patient sich auch während der Therapie frei bewegen kann und auch sonst in seiner Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt ist. Der Nachteil dieser Systeme ist zum einen der Operationsaufwand und das damit verbundene Risiko, und zum anderen die mögliche Dislokation des Katheters aus der arteriellen Strombahn. Hintergrund dafür die durch die ständige Pulsation der Arterie bedingte Wanderung des Katheterschlauches als Fremdkörper. In bestimmten Situationen wie z. B. des Vorhandenseins von mehreren Schlagadern zur Leber ist allerdings eine solche operative Katheterplatzierung unumgänglich.