Peritoneal metastasiertes Ovarialcarcinom - Hintergrund
In Deutschland erkranken jährlich ca. 8000 Frauen an einem bösartigen Eierstockstumor. Mit 15 - 30% ist der Eierstockkrebs das dritthäufigste Genitalneoplasma und nimmt in der aktuellen Rangfolge aller Karzinome der Frau derzeit die fünfte Position ein. Da es beim Ovarialkarzinom keine charakteristischen Symptome gibt, wird es häufig erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Etwa 70% der Fälle befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnose bereits im fortgeschrittenen Stadium III und IV. In einem hohen Prozentsatz liegt dabei bereits eine Ausbreitung im Bereich des Bauchfells, die sogenannte Peritonealkarzinose, vor.
Diagnostik
Mehrere Gründe existieren, die erklären, warum das Ovarialkarzinom erst so spät diagnostiziert wird. Einer dieser Gründe ist die unspezifische Symptomatik mit ziehenden Schmerzen im Unterbauch, zunehmendem Anschwellen des Bauchumfangs und Abgeschlagenheit sowie Gewichtsverlust. Auch relativ aufwendige Untersuchungsverfahren wie das Computertomogramm zeigen nicht unbedingt den Eierstockkrebs in seinem Frühstadium, da die Ausbreitungsart dieses Tumors mehr flächenhaft auf dem Bauchfell ist als isoliert auf einen bestimmten Bereich, hier das kleine Becken begrenzt. Dadurch ist es für das Computertomogramm schwierig, die Verdickungen auf den peritonealen Oberflächen klar zu erkennen.
Erstbehandlung
Die Behandlung des Ovarialkarzinom besteht bei Erstdiagnose in einer Kombination aus Operation mit der Entfernung der Tumorknoten im Bauchraum sowie der Eierstöcke und systemischer Chemotherapie zumeist mit Paclitaxel und Carboplatin. Ziel dieser integrierten Behandlung ist die vollständige Elimination aller Tumorzellen und dieses Ziel wird in einem hohen Prozentsatz mittels der modernen Chemotherapie erreicht.
Dennoch ist das Auftreten eines Tumorrezidiv eher die Regel, denn die Ausnahme.Infolge der sich zunehmend entwickelnden Resistenz der Tumorzellen, ist die Effektivität einer systemischen Chemotherapie bei der Behandlung des Rezidiv deutlich geringer als bei Erstbehandlung. Damit wechseln die Ziele der therapeutischen Maßnahmen und sind mehr auf Symptomenkontrolle und auf Erhaltung der Lebensqualität ausgerichtet. So muss Infolge der zunehmenden Insuffizienz chemotherapeutischer Maßnahmen das Ovarialkarzinom - Rezidiv als eine unheilbare Erkrankung angesehen werden, wobei die medianen Überlebenszeiten zwischen 8 und 15 Monaten liegen.
Zu den zytotoxischen Substanzen, die sich in klinischen Studien bei Patientinnen mit einem Tumorrezidiv als wirksam erwiesen haben, gehören die Taxane (Paclitaxel und Docetaxel), Topotecan, Etoposid, Gemcitabin, Doxorubicin, Epirubicin, Altretamin, Vinorelbin und Oxaliplatin. In verschiedenen Studien lag die Tumor Ansprechrate für diese Medikamente bei ungefähr 20 - 30 %. Auch randomisierte Vergleichsstudien zwischen den vier gängigsten dieser Substanzen, Paclitaxel, Topotecan, Oxaliplatin und Doxorubicin, ergaben keine wesentlichen Unterschiede bezüglich der Ansprechrate. Die Dauer der Therapieantwort lag für diese Substanzen leider nur bei wenigen Monaten.
Symptomatik der Bauchfellkarzinose
Die Symptomatik einer solchen Peritonealkarzinose ist geprägt zum einen von Schmerzen im Bauchraum, dem Auftreten eines Wasserbauchs, einem zunehmenden Kräfteverfall und immer wieder auftretender Ileussymptomatik. Der zuletzt nicht mehr zu beseitigende Darmverschluss, bedingt durch eine zunehmende tumorbedingte Fixation des Darms, ist häufig Grund nicht nur für Krankenhausaufenthalte, sondern auch letztendlich den Tod der Patientinnen.
Operative Technik beim Ovarialkarzinom - Rezidiv
Paul Sugarbaker vom Washington Cancer Center entwickelte vor einigen Jahren eine spezielle Methode zur operativen Beseitigung aller Tumorformationen im Bauchraum. Dazu bedarf es einer speziellen Operationstechnik, die es ermöglicht, flächenhaft alle befallenen Teile des Bauchfells zu entfernen. Die entstehenden Wunden werden mittels elektrochirurgischem Skalpel verschlossen und so der entstehende Blutverlust minimiert. Des Weiteren wird verhindert, dass es zu schweren Verwachsungen kommt. Eine solche Operation gliedert sich dabei in mehrere Schritte. Zunächst erfolgt die Entfernung von Organen und Darmteilen, die von Tumorknoten befallen sind. Danach werden flächenhaft die mit Tumorformationen besetzten Bauchfellanteile reseziert, sodass letztlich alle sichtbaren Krebsanteile entfernt sind. Im Anschluss daran wird der Bauchraum mit einer überwärmten Chemotherapielösung gespült.
Während durch die Operation alle makroskopisch sichtbaren Tumoranteile entfernt werden, sollen mittels einer solchen, offenen Zytostatika - Spülung des Bauchraums die mikroskopisch noch vorhandenen Tumorzellen zerstört werden. Diese Spülung mit Zytostatika wird dabei unter hyperthermen, also überwärmten Bedingungen ausgeführt. Durch die bei einer solchen Spülung verwendeten speziellen Wärmegeräte kann eine Temperatur von mehr als 41 - 42°C erzeugt werden. Da Tumorgewebe in der Regel eine schlechte Wärmeregulationsfähigkeit hat, führt eine regionale Überwärmung zu einer Schwellung des Tumorgewebes bei gleichzeitiger vermehrter Durchblutung des umgebenden gesunden Gewebes. Es kommt so zu einer Minderdurchblutung im Tumorgewebe mit der Folge einer direkten, wärmebedingten Schädigung von Tumorzellen (Tumornekrose), Sauerstoffmangel (Tumorhypoxämie), Entwicklung eines sauren Zellmilieus (Azidose) und Nährstoffverarmung. Die Summe dieser Faktoren kann zum Absterben von Tumorzellen führen, wobei das gesunde Gewebe nicht geschädigt wird. Durch gleichzeitige Anwendung von zytostatisch wirksamen Substanzen in Form einer solchen isolierten Peritonealperfusion wird die Wirksamkeit der einzelnen Methoden - Hyperthermie, Chemotherapie - wesentlich verstärkt. In den ersten drei Tagen nach der Operation wird der Bauchraum mit einer Lösung gespült, die eine geringe Menge eines Zytostatikums enthält, damit es zu keinen wesentlichen Verwachsungen im Bauchraum kommt. Die Operationen sind langdauernd und stellen hohe Ansprüche sowohl an das anästhesiologische, als auch das operative Können. Insbesondere bedarf es eines abgestimmten, perioperativen Managements, um die Belastung für die Patienten so gering wie möglich zu halten.
Technische Details der Peritonealperfusion
Technik | Open Coloseum Technik | |
Temperatur | 41.5 - 42.0 C° | |
Perfusionszeit | 60 min. | |
Perfusionvolumen | 4000 ml | |
Flußrate | 1500 ml / min. |
Zytostatika
Protocol 1 4 / 02 - 12 / 05 n = 56 |
Protocol 2 1 / 06 - 5 / 06 n = 14 |
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HIPEC | Mitomycin 20 mg/m² Mitoxantron 20 mg/m² |
Adriamycin 25 mg/m² Mitoxantron 15 mg/m² |
postoperativ intraperitoneal chemotherapy | 5-Fluorouracil 500 mg / m² d1 - d3 |
Paclitaxel 20 mg/m² d1 - d2 |
adjuvant chemotherapy |
Topotecan 0.5 mg / m² d1 -d 5 Gemcitabine 800 mg / m² d 1, 600 mg / m² d 8 for 3 cycles |
Adriamycin 40 mg/m² Mitoxantron 15 mg/m² f for 3 cycles |
EFFIZIENZ DER CRS UND HIPEC
Beim Ovarialkarzinom konnten drei große prospektiv-randomisierte Studien an insgesamt 1423 Patientinnen mit Stadium III Ovarialkarzinom einen signifikanten Vorteil im medianen Überleben bei postoperativer Gabe einer kombinierten intraperitoneal/intravenösen Chemotherapie (SPIC: sequential postoperative intraperitoneal chemotherapy) im Vergleich zu alleiniger intravenöser Chemotherapie zeigen (49-66 Monate vs. 41-49 Monate) (Armstrong et al., N Engl J Med 2006 (14) , n=415 Patienten; Markman et al., J Clin Oncol 2001 (15) , n=462 Patienten; Alberts et al., N Engl J Med 1996 (16) , n=546 Patienten). Vor allem in den ersten zwei genannten Studien zeigte sich jedoch als limitierender Faktor der SPIC eine schlechte Verträglichkeit sowie eine hohe Rate an Katheter-assoziierten Komplikationen, weshalb diese Therapiestrategie beim Ovarialkarzinom noch nicht flächendeckend eingesetzt wird. Zahlreiche Studien haben daher den Stellenwert der CRS und HIPEC beim Ovarialkarzinom untersucht, da die HIPEC den theoretischen Vorteil einer einmaligen intraoperativen intraperitonealen Chemotherapie-Gabe bietet. Eine rezente Übersicht von 24 nicht-randomisierten Studien beim fortgeschrittenen sowie rezidivierten Ovarialkarzinom (n=1167 Patienten) zeigte bei extrem heterogener Datenlage zur CRS und HIPEC beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom ein medianes Überleben von 24-64 Monaten (n=584) sowie beim rezidivierten Ovarialkarzinom von 23-49 Monaten (Chan et al., Cancer Manag Res 2012 (17) ), n=583 Patienten).
Quelle: Leitlinie zur Behandlung von Patienten mit peritonealen Neoplasmen mittels zytoreduktiver Chirurgie und hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie in Österreich , Arbeitsgruppe Peritoneale Malignome der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgische Onkologie (ACO-ASSO)